Mittwoch, 18. Mai 2016

Mindestens 253 Milliarden Euro Folgekosten für Atomkraftwerks-Rückbau


Für den Rückbau stillgelegter AKWs in Europa und die Entsorgung des strahlenden Mülls fehlen 120 Milliarden Euro. Das zeigt ein Bericht der EU-Kommission.

Die Europäische Kommission hat erstmals einen Bericht vorgelegt, der die laufenden Investitionen für Atomkraftwerke in der Europäischen Union und die Kosten für ihre Stilllegung bis 2050 aufschlüsselt. Demnach wird der Rückbau der Kraftwerke und die Entsorgung des Atommülls rund  253 Milliarden Euro kosten. Bislang wurden dafür aber lediglich 133 Milliarden Euro zurückgelegt. Die Folgekosten der Atomenergie sind zurzeit also nur zu 52 Prozent gedeckt.

Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace hält selbst diese Einschätzung für zu optimistisch. „Solange weltweit noch kein Endlager für hochradioaktiven Abfall gefunden ist und der Atommüll für eine Million Jahre sicher verwahrt werden muss, wird die Rechnung weiter steigen“, sagt er.
Endlagerfähige Container mit radioaktivem Abfall stehen u. a. auch gestapelt in einer Halle der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe. Das Zwischenlager kommt bereits an seine Kapazitätsgrenze.

Auch Rebecca Harms, Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament kritisiert: „Dieses Papier zeigt, dass in der EU-Kommission immer noch an einflussreicher Stelle fanatische Anhänger der Atomkraft sitzen. Es ist eine bizarre Mischung aus Illusion und Propaganda. Die EU-Kommission setzt die Kosten in allen Bereichen von Neubau über Sicherheitsnachrüstungen bis zu Rückbau und Entsorgung zu gering an.“

Das sogenannte hinweisende Nuklearprogramm (Nuclear Illustrative Programme, PINC) berücksichtigt die voraussichtliche Entwicklung bis 2050. Bis dahin erreichen nach jetzigem Stand 90 Prozent der Atomkraftwerke ihr Laufzeitende und müssen vom Netz. Zu den Kosten für die Stilllegung werden laut PINC weitere 500 Milliarden Euro für den Neubau von Anlagen und die Verlängerung von Laufzeiten benötigt. „Für die Hälfte der Reaktoren geht die EU-Kommission von einer Verlängerung auf bis zu 60 Jahre aus. Das ist eine verantwortungslose Hochrisiko-Strategie“, so Rebecca Harms.

Der Kommissar für Klimapolitik und Energie Miguel Arias Cañete erklärte, das Nuklearprogramm biete einen notwendigen Überblick. Nun müsse sichergestellt werden,  „dass die Entsorgung radioaktiver Abfälle bis zu ihrer endgültigen Beseitigung finanziell durch die Mitgliedstaaten abgesichert ist“. Auch dieser Satz löste bei der Fraktion der Grünen/EFA Entrüstung aus, schiebt er doch den Mitgliedsstaaten die Verantwortung zu, während die Grünen und Umweltschutzorganisationen das Verursacher-Prinzip zugrunde legen wollen. Danach müssten die Betreiber der Atomkraftwerke, also die Energiekonzerne für alle entstehenden Kosten haften.

In Deutschland müssen die Betreiber Rückstellungen für den Rückbau der AKWs und die Entsorgung des Mülls bilden. Allerdings geht das Geld im Falle einer Insolvenz der Energieunternehmen verloren. Kritiker fordern deshalb die Einzahlung der Gelder in einen öffentlich-rechtlichen Fonds. „Die Umwälzung der Kosten auf die Bevölkerung muss verhindert werden“, so Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital.
Quelle: Lea Krug
https://greenpeace-magazin.de/nachrichtenarchiv/folgekosten-der-atomkraft-betragen-mindestens-253-milliarden-euro?xing_share=News

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