Mittwoch, 15. Juli 2020

Umweltbewusst wie wir sind…


Weil uns so viel an unserer schönen Umwelt liegt, haben wir sie uns im letzten Jahr gründlich angeschaut. Mit unserem vollbeladenen 8 Zylinder-SUV sind wir zum Flughafen gefahren. Wir haben genau darauf geachtet, dass keiner von uns mehr als 50 kg Gepäck dabeihatte. Schließlich sind wir umweltbewusst.

Wir sind nach Neuseeland geflogen, erster Klasse natürlich. Das ist bei so langen Flügen einfach nötig. Dort haben wir uns dann ein 12 m langes Wohnmobil gemietet und sind rund um die Insel gefahren. Gut dass es 500 PS hatte, damit dauerte die Fahrt dann nicht so lange. Denn wir hatten ja den Weiterflug nach Australien schon gebucht.


Von Sydney starteten wir dann zu einer Kreuzfahrt über den Pazifik. Natürlich erst nach einem Kurzbesuch mit einem Mietwagen in den 8 großen Nationalparks zwischen Sydney und Melbourne. Eine tolle Landschaft. Dass wir dafür über 3.000 km fahren mussten, hatten wir allerdings nicht erwartet. Australien ist halt riesig. Und weil sie dort nicht genug auf Umweltschutz achten, mussten wir verbrannte Waldgebiete großräumig umfahren. Gut dass wir Deutschen besser auf unsere Umwelt achten.


Zurück in Sydney gingen wir dann an Bord unseres 12-stöckigen Luxusdampfers, der uns dann über Neukaledonien, Fidschi, Amerikanisch-Samoa, Französisch-Polynesien nach Panama brachte. Auf Galapagos durften wir aus Umweltschutzgründen nur kurz Station machten, aber dafür haben wir natürlich Verständnis. Wir sind ja umweltbewusst.


Von Panama aus haben wir nur einen kurzen Abstecher nach von Costa Rica gemacht, um uns dort persönlich davon zu überzeugen, dass unsere Bäume in der Teakholz-Plantage auch wirklich nach FSC-Regeln gepflegt werden. Danach ging es mit dem Flugzeug wieder nach Hause. Wir haben leider auch nicht länger Urlaub. Auf der Rückfahrt von Flughafen waren wir froh über unseren SUV, denn mit all unseren Mitbringseln wäre jeder normale Kombi restlos überladen gewesen.


Natürlich haben wir zuhause die Erinnerungen an die herrlichen Landschaften genossen – mit Steaks aus südamerikanischen Rindern – im Sonderangebot vom Discounter. Dass dafür der Regenwald im Amazonas abgeholzt wird, ist natürlich gar nicht in unserem Interesse. Gegrillt haben wir auf unserem 1.500 € Weber Grill mit billiger Holzkohle, Sonderangebot aus einem Baumarkt. Dass dafür die letzten Regenwälder Europas in Rumänien geplündert werden, verurteilen wir natürlich schärfstens. Schließlich sind wir umweltbewusst.


Zum Schluss gab es dann noch Nespresso aus unserem 2.400 € teuren italienischen Kaffeeautomaten. Wir hatten im Sonderangebot bei Rewe ein Kilo Kaffee für 93 € bekommen – beste Qualität. Dass es in 5 Gramm Portionen verpackt ist aus Aluminium und Plastik, was in der Umwelt jahrhundertelang schweren Schaden zufügt, bedauern wir natürlich sehr, aber der Geschmack ist eben köstlich, nicht zu vergleichen mit einer Kaffeemaschine von Aldi für 19,90 €.


Die Kinder unserer Nachbarn, auch Umweltschützer wie wir, werfen uns vor, wir würden ihre Zukunft auf diesem Planeten zerstören. Mit radikalen Forderungen nach mehr Radwegen und weniger Autos. Und Diesel-Treibstoff solle nicht mehr jährlich mit über 8 Milliarden Euro subventioniert, sondern ganz verboten werden. Bei allem Verständnis für Umweltschutz, das geht natürlich zu weit. Irgendwo müssen wir ja sparen. Der schwere SUV frisst ja eh schon so viel Geld. Und außerdem: Warum sollen ausgerechnet immer wir Deutschen damit anfangen?


Sollen doch erst mal die Russen und Brasilianer ihre Umwelt schützen. Schließlich brennen doch bei denen die Wälder und nicht bei uns.
Sollen doch erst mal die Japaner und Chinesen ihre Umwelt schützen. Schließlich stehen doch dort ganze Landstriche unter Hochwasser und nicht bei uns.
Sollen doch erst mal die Amerikaner und Kanadier ihre Umwelt schützen und das giftige Fracking einstellen. Wir machen doch so etwas gar nicht.
Wir sind eben typische Deutsche – umweltbewusst

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