Mittwoch, 20. August 2014

Gülle aus Massentierhaltung verseucht unser Grundwasser

Millionen Tonnen überschüssigen Dungs sickern in Deutschlands Felder - viel mehr als die Pflanzen aufnehmen können. Im Wasser, unserem wichtigsten Lebensmittel, steigen die Nitratwerte.

Die Gefahr schien längst gebannt: Zuletzt lösten Wasserwerke in den 80er-jahren wegen zu hoher Nitratwerte im Trinkwasser Alarm aus. Doch nun weckt ein aktueller Bericht der EU-Kommission schlechte Erinnerungen.

380 Milligramm Nitrat pro Liter Grundwasser haben die Behörden im westlichsten Zipfel Niedersachsens gemessen. Der Wert in der Schweine- und Hühnerhochburg überschreitet den EU-Grenzwert um mehr als das Siebeneinhalbfache.

"Das ist eine astronomische Zahl jenseits von Gut und Böse", sagt Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace. Und sie ist nur die Spitze eines landesweiten Problems: An der Hälfte der deutschen Messstellen wird der Grenzwert regelmäßig überschritten.

Damit gehört Deutschland zu denjenigen Ländern Europas. die ihr Wasser am schlechtesten vor Giften aus der Landwirtschaft schützen. Dabei können überhöhte Nitratkonzentrationen im Trinkwasser Krebs erregen und bei Säuglingen sogar zum Erstickungstod führen.

Neben Gärresten von Biogasanlagen und intensivem Ackerbau stammen die Stickstoffverbindungen vor allem aus der Viehwirtschaft. "Wir halten viel zu viele Tiere auf viel zu wenig Fläche", sagt Hofstetter. Deren Ausscheidungen sind eigentlich wertvoller Pflanzendünger, in diesen Mengen jedoch Sondermüll: Millionen Tonnen Gülle versickern jedes Jahr ungenutzt im Boden . "In Deutschland gibt es nicht einmal ein funktionierendes Ausbringungsverbot auf bereits überdüngten Flächen", sagt Hofstetter. "Unsere Nachbarn handhaben das strenger."

Union und SPD haben auf Druck aus Brüssel beschlossen, die Regelungen zu überarbeiten. Martin Hofstetter hingegen fordert eine echte Reform. "Wir brauchen eine konsequente Bindung der Tierzahl an die Fläche – wie im Biolandbau", sagt er. "Dafür müsste der Bestand in einigen Regionen um die Hälfte sinken."

Manche Wasserwerke hätten inzwischen wieder Mühe, die Grenzwerte einzuhalten. "Wir sprechen über unser wichtigstes Lebensmittel", sagt Hofstetter. "Ich möchte, dass auch unsere Kinder noch genießbares Trinkwasser haben und es nicht in Kanistern von Nestlé kaufen müssen."
Quelle: Katja Morgenthaler, Greenpeace Nachrichten 1/2014, S. 8

1 Kommentar:

  1. Wichtiges Thema, und keiner kümmert sich drum. Ich wohne sehr ländlich, und kann jedesmal nach stärkerem Regen beobachten, wie die kleinen Bäche anstatt des sonst klaren Wassers braunes Gülle-Wasser führen. Das gibt mir jedesmal zu denken... Aber Wasser in Kanistern von Nestle müssen wir sicher nicht kaufen. Es gibt genügend Möglichkeiten der Trinkwasseraufbereitung auch für zu Hause. Gott sei Dank!

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