Dienstag, 24. Juli 2018

Unmengen Mikroplastik in unserer Komposterde

Unendlich viele winzige Kunststoffteilchen gelangen mit dem Biomüll aus Haushalten und Gewerben in unserer Mitwelt.
Früher landete Bioabfall mit allem anderen Müll auf Deponien und verrottete ungenutzt. Seit 1985 werden Pflanzenreste und Lebensmittelabfälle getrennt gesammelt und zu Kompost verarbeitet. Das spart teuren Phosphatdünger, der bekanntermaßen radioaktives Uran enthält, und erspart Kunstdünger, dessen Produktion großen Energieverbrauch erfordert. Daher erfüllen die etwa 1.000 deutschen Kompostierungsanlagen eine wichtige Funktion für eine nachhaltige Wirtschaft.

Forscher der Universität Bayreuth haben im Kompost allerdings große Mengen kleiner Plastikteilchen entdeckt. Sie berichteten darüber im Fachblatt „Science Advances“.

Dass Millionen Tonnen Plastiktüten, Einwegflaschen, Lebensmittelfolien, Mikrofasern aus Funktionsbekleidung und Plastik aus Kosmetika unsere Weltmeere, Flüsse und Seen vermüllen, ist schon lange bekannt. Bis zu 12,7 Millionen Tonnen Kunststoffe gelangen pro Jahr über die Flüsse in die Ozeane, schätzen die Forscher.

Die ungeheure Menge an Plastikabfällen an Land finden dagegen bisher kaum Beachtung, obwohl die Plastikflut dort sogar noch viel größer zu sein scheint. 4- bis 23-mal mehr Plastik-Teilchen mit einer Größe von weniger als fünf Millimetern stecken im Boden - im Vergleich zum Meer. Das berichteten Anderson Abel de Souza Machado und seine Kollegen von der Freien Universität Berlin und dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin in der Zeitschrift „Global Change Biology“.

Vor allem beim Waschen landen viele Kunstfasern aus Kleidungsstücken im Abwasser. Von diesen Partikeln sollen es 80 bis 90 Prozent in den Klärschlamm schaffen, der in der Landwirtschaft als Dünger verwendet wird.

Christian Laforsch und seine Bayreuther Kollegen haben Kompost aus verschiedenen Anlagen untersucht. Pro Kilogramm Trockengewicht entdeckte das Forscherteam:

A)   im Kompost einer Anlage, die Biomüll aus Haushalten und Grünschnitt (Gras, Kräutern, Sträuchern und Laub) produziert, 20 bis 24 Mikroplastik-Teilchen zwischen 1 und 5 mm, obwohl vor dem Kompostieren mit Sieben und von Hand Fremdteilchen ausgelesen wurden.

B)   im Kompost einer Anlage, die aus Haushalts-Biomüll mit wenig Grünschnitt Biogas produziert, wobei eine feste Masse und Sickerwasser übrig bleiben, die beide als Dünger genutzt werden.
70 bis 146 Mikroplastik-Teilchen pro Kilogramm Trockengewicht im festen Dünger Und 14 Mikroplastik-Teilchen pro Liter Sickerwasser.

C)   im Kompost einer Anlage, die gewerblichen Biomüll aus Supermärkten, Gastronomie und Kantinen vergärt, 895 Mikroplastik-Teilchen pro Kilogramm Dünger.

D)   im Kompost einer Anlage aus einer Biogasanlage, die Mais und Grassilage zu Biogas verarbeitet, Null Mikroplastik-Teilchen.

E)   im Kompost von acht Biogasanlagen, die Mist und Gülle, Reste aus der Verarbeitung von Früchten oder Sonnenblumen verarbeiten, waren ebenfalls keine und in zwei weiteren solchen Anlagen nur sehr wenige Mikroplastik-Teilchen zu finden.

Fazit 1:
Biomüll aus Haushalten und Gewerbe scheint eine der Hauptquellen für Plastikrückstände in Komposten zu sein. Dafür spricht auch die Chemie des Mikroplastiks: überwiegend Polystyrol und Polyethylen, also genau die Kunststoffe von Verpackungen und Einwickel"papier" für Lebensmittel.

Fazit 2:
Mikroplastik-Teilchen sind zu klein, um von den Aussortier-Anlagen erwischt zu werden. Mit dem Kompost gelangen sie in die Böden von Gärten und Äckern. Welche Schäden Mikroplastik verursacht, ist noch nicht erforscht.
Noch weniger bekannt sind die gesundheitlichen Folgeschäden von Nanoplastik, das aus zerriebenem (pflügen, eggen...) und durch UV-Licht zerfallenem Mikroplastik entsteht und in jede Körperzelle eindringen kann - sogar durch die Bluthirnschranke hindurch.

Von Fischen weiß man inzwischen, dass die winzigen Nanoplastik-Teilchen die natürliche Barriere zwischen Blutgefäßen und Gehirn überwinden und das Verhalten der Tiere ändern.
Dass Kunststoff-Weichmacher, wie z. B. Phthalate, das Hormonsystem von Wirbeltieren stören, weiß man schon lange.

Fazit 3:
Plastik-Teilchen, die in den letzten 5 Jahrzehnten in die Umwelt gelangt sind, werden auch noch in vielen Jahrzehnten alle Ökosysteme beeinflussen. Im Nachhinein Umweltverschmutzung zu bekämpfen, ist schwierig, aufwändig und sehr teuer.

Achten Sie daher darauf, keinerlei Verpackungsreste in eine Biotonne zu werfen. Sammeln und entsorgen Sie Bioabfälle nur in kompostierbaren Papiertüten. Stecken Sie bitte niemals eine Plastiktüte in die Biotonne - auch keine sogenannte „kompostierbare“ Plastiktüte! Kompostierbar bedeutet nicht unbedenklich für Lebewesen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen