Dienstag, 12. Mai 2020

Wind vom Meer ersetzt uns vier Kohlekraftwerke

In Nordsee und Ostsee entstehen langsam Zentren deutscher Stromversorgung. In den letzten 10 Jahren wurden fast 1.500 Offshore-Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 7,5 Gigawatt im Meer errichtet. 2019 kamen 116 neu hinzu.

Gute Offshore-Anlagen nutzen ihre Nennleistung zu rund 60 %. Aktuell ersetzen die Meereswindparks etwa vier große Atom- oder Kohlekraftwerke. Bei mehr als 100 Metern Nabenhöhe haben Offshore-Windräder eine durchschnittliche Leistung von ca. 7 Megawatt. Es gibt auch schon installierte Anlagen mit 8,4 und 10 Megawatt.

Sie stehen durchschnittlich 88 Kilometer von der Küste entfernt in Wassertiefen von 36 Metern (im Durchschnitt) und sind daher von Land aus nicht zu sehen.

Der Beitrag der Offshore-Anlagen zur Stromversorgung allein reicht derzeit jedoch noch nicht aus, um die geplante Abschaltung von Kohlekraftwerken zu kompensieren. Mit dem Kohleausstiegsgesetz sollen bis Ende 2023 rund zehn Gigawatt aus abgasschädlichen Braun- und Steinkohle-Kraftwerken still gelegt werden. Das ist deutlich mehr als der Zuwachs an Meereswindkraft in den letzten 10 Jahren.

Den größten Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland liefert mit installierten 60 Gigawatt die Windkraft an Land, allerdings mit deutlich weniger Betriebsstunden als die Anlagen im Meer. Leider ist der dringend notwendige Ausbau der Windkraft an Land 2019 fast zum Erliegen gekommen, und auch auf See wurden zuletzt keine größeren Projekte mehr begonnen.

Die Anlagenentwickler, -bauer und -betreiber sehen sich von den Politikern gebremst. Verbandsvertreter fordern: „Die Bundesregierung muss in einem ersten Schritt freie Kapazitäten von bis zu zwei Gigawatt vergeben, um die Folgen der Ausbaulücke für die heimische Industrie abzufedern“.

Zudem fordern sie - im Einklang mit der norddeutschen Politik und den Gewerkschaften -, den bestehenden Ausbaudeckel für 2030 von 15 auf mindestens 20 Gigawatt anzuheben und danach einen steileren Ausbaupfad als bisher zu beschließen. Das war im Gesetzentwurf zum Kohleausstieg bereits vorgesehen, wurde aber wieder gestrichen.

Für 2035 wird eine Offshore-Kapazität von bis zu 35 Gigawatt gefordert, bis 2050 von über 50 Gigawatt. Bei der erwarteten Entwicklung der Technik wären das etwa 5000 Windräder, und  mehr können Nord- und Ostsee nach Einschätzung von Naturschützern auch nicht verkraften. NABU appelliert, „die Meere nicht als Industrieflächen zu sehen“. Vielmehr sollte man sich „an einen Tisch setzen und den maximal möglichen Ausbau der Offshore-Windkraft festlegen“.

Derzeit trägt die Offshore-Windkraft in Deutschland etwa 16,7 % der gesamten Windstromproduktion von 122 Terawattstunden bei. An Land sind aktuell jedoch noch viele gut geeignete Standorte nicht erschlossen und der Bau wird durch Klagen massiv behindert.

„Nach der Klarheit beim Ausstieg aus dem Kohlestrom brauchen wir einen ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien, um den fehlenden Strom zu ersetzen“, erklärten Verbandsvertreter der Offshore-Windkraft. Langfristige Planungssicherheit bis 2050 sei von großer Bedeutung wegen der langen Projektzyklen.

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